Neulich saß ich abends in meiner Kuschelecke. Wie so oft hatte ich mir ein bisschen „Arbeit“ mitgenommen, da ich abends nochmal für ein paar Stunden sehr gut und v.a. kreativ arbeiten kann:
Ein Konzept für einen Kunden, die „Hausaufgaben“ für die Experimentelle Zenkünste-Stunde am Mittwoch Abend im Institut Integrales Tai Ji Quan & Qi Gong und ein Fachbuch über die funktionale Sicherheit von Maschinen und Anlagen.
Reichlich seltsames Zeug, das wenig miteinander zu tun hat, würde man vermuten… Und ich war müde und hatte zu nichts so recht Lust. Ziemlich unmotiviert nahm ich das eine, dann das andere zur Hand … um es gleich wieder wegzulegen.
Nun überlegte ich: finge ich nun an zu lesen (wozu es mich noch am ehesten drängte), würde ich die anderen beiden Dinge überhaupt nicht mehr machen. Das Konzept eilte aber ein wenig, außerdem hatte ich für den kommenden Tag schon anderes geplant. Und, nun gut, auf die Hausaufgaben hätte ich schon ‚vergessen‘ können, aber das verbot mir eigentlich mein Stolz.
Also, Ergebnis meiner Überlegungen war, ich fange mal mit diesen „Hausaufgaben“ (nämlich Linien malen) an, das sollte in etwa 20 Minuten erledigt und damit vom Tisch sein. Und dann würde ich weiter sehen.
Gesagt, getan. Die Aufgabe war: Male eine Linie, die häufig abrupt die Richtung ändert, etwa so, wie sich eine Ameise bewegt oder ein Huhn.
Ich nahm Bleistift und Papier, stellte mir ein paar Momente lang Ameisen und Hühner vor – ein Marienkäfer drängte sich mir auch noch ins Bewusstsein, keine Ahnung, woher er kam – und begann ganz unwillkürlich zu zeichnen.
… zuerst die Ameise … dann das Huhn … und schlussendlich schlug auch der Marienkäfer noch seine Kapriolen.
Dann war da auch noch die Aufgabe, Linien zu malen, die man singen kann (hm, na ja, die man singen kann, wenn man singen kann? Nein, die jeder – auch ich – singen können sollte). Schon schwieriger!
Ich nahm ein neues Blatt, legte den Bleistift beiseite und schnappte mir meine ca. 35 Jahre alten Pelikan-Wachsmalkreiden. (Ja, sie haben irgendwo im Schrank überdauert, um nun endlich ihre wahre Berufung gefunden zu haben!)
Über meine Versuche, die Linien zu singen, schweige ich mich hier aus … aber ich stellte mir zumindest vor, wie sie jemand, der es kann, singen würde. Meine Stimme tut nicht immer das, was mein musikalisches Ohr sich vorstellt … das frustriert leider manchmal. Aber ich hatte trotzdem einigen Spaß mit mir selber, während ich darüber sinnierte und malte …
Danach legte ich die Malutensilien weg und nahm – ganz selbstverständlich – das Konzept zur Hand. Wie durch ein kleines Wunder purzelten die Ideen nur so aus mir heraus. Das Konzept gedieh, es funktionierte wie am Schnürchen. Und nach gar nicht allzu langer Zeit hatte es Hand und Fuß. (Mal sehen, was der Kunde dazu sagt, aber das ist ja eigentlich auch egal. Für mich war es erstmal ein Wurf, der sich sehen lassen konnte.)
… und dann kam ich eben doch noch zu meinem Buch und hatte auch noch genügend Zeit, um mich in die Sicherheitsgrundnormen EN ISO 12100, ISO 13849-1, IEC 62061, Performance Level und Safety Integrity Level, Gefährdungsanalyse, Risikoeinschätzung und Risikobeurteilung zu vertiefen.
Es mag zwar nicht jeder mit mir einer Meinung sein, aber für mich war es ein rundum gelungener und kreativ-produktiver Abend, der mich müde aber glücklich ins Bett fallen ließ.
… und angefangen hatte es damit, dass ich meine Lustlosigkeit mit ein paar einfachen Linien aufs Papier (ver-)bannte!
Wenn Sie das nächste Mal „null Bock“ auf irgendwas haben, versuchen Sie es doch mal damit, singend ein paar Linien zu malen!
Und berichten Sie uns über Ihre Erfahrungen!