War die 4 eine „ideale“ Zahl, so ist die 5 nicht weniger außergewöhnlich.
Während die 4 etwas Gerades, Klares, Logisches an sich hat – was auch in den Ge4ten zu sehen ist, die in sich abgeschlossen zu sein scheinen –, so ist die 5 sperrig und ungebärdig!
Als Verbindung aus der männlichen 3 und der weiblichen 2 versucht sie die Gegensätze zu verbinden und deutet dabei symbolisch auf die Schwierigkeiten, die dabei entstehen: sie ist unteilbar und hat ihre Eigenarten. Mit Fünfecken lässt sich z.B. keine Fläche vollständig bedecken…
… und der Mensch, der Ausführende, der das Ge4t zum Leben erweckt und zum Ge5t macht, ist ebenso sperrig wie einzigartig. Kein Ge4t gleicht dem anderen, wenn es zum Ge5t wurde!
Und doch: die 5 ist allgegenwärtig in der Natur und daher eine Kraft, ein Symbol, das wir in unserem Leben finden und fühlen sollen. Fünf Sinne sind dem Menschen eigen, fünf Finger und fünf Zehen an jeder Hand und jedem Fuß, fünf Blütenblätter und/oder Staubblätter finden sich an unzähligen Pflanzen…
…und die oberen Konjunktionen von Venus und Sonne beschreiben im Tierkreis ein Pentagramm … fast … denn, es „fehlen“ jedes Mal etwa 2,4°, so dass das Pentagramm nie wieder an den Ausgangspunkt zurück kehrt.
Kann man sich ein schöneres Symbol vorstellen für die unendlichen Gesetze, auf denen unser Leben beruht?
Dieser kleine, aber feine Umstand macht es auch Mephisto in Goethes Faust ein wenig schwer, sein teuflisches Treiben auszuleben:
„MEPHISTOPHELES:
[…] Dürft ich wohl diesmal mich entfernen?
FAUST:
Ich sehe nicht, warum du fragst.
Ich habe jetzt dich kennen lernen
Besuche nun mich, wie du magst.
Hier ist das Fenster, hier die Türe,
Ein Rauchfang ist dir auch gewiß.
MEPHISTOPHELES:
Gesteh ich’s nur! daß ich hinausspaziere,
Verbietet mir ein kleines Hindernis,
Der Drudenfuß auf Eurer Schwelle-
FAUST:
Das Pentagramma macht dir Pein?
Ei sage mir, du Sohn der Hölle,
Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?
Wie ward ein solcher Geist betrogen?
MEPHISTOPHELES:
Beschaut es recht! es ist nicht gut gezogen:
Der eine Winkel, der nach außen zu,
Ist, wie du siehst, ein wenig offen.
FAUST:
Das hat der Zufall gut getroffen! […]“
Goethe: Faust I, Szene im Studierzimmer
Aber zurück zur Erforschung der Zahl 5.
Alle alten Hochkulturen erhoben ihren Blick in den gestirnten Himmel und beobachteten das Spiel der Venus. Und alle suchten – „wie oben, so unten“ – nach Entsprechungen auf der Erde.
In der Symbolik der abrahamitischen Religionen ist die 5 allgegenwärtig. Von den fünf Büchern Moses (Pentateuch) über die fünf Wunden Christi hin zu den fünf Pfeilern des Glaubens im Islam…
Gilt im chinesischen Kulturkreis die 4 – aufgrund ihrer Lautgleichheit zum Wort „Tod“ – als Unglückszahl, ist mit der Zahl 5 das große Glück verbunden.
Die ganze Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) beruht auf den 5 Wandlungsphasen. Je nachdem, in welcher Reihenfolge und Richtung sich die Wandlungsphasen gegenseitig beeinflussen, kann dies unterschiedliche Auswirkungen haben.
… und wieder sehen wir das Pentagramm!
Agrippa von Nettesheim stellte den Menschen in einen Kreis … und fand schon wieder ein Pentagramm.
Dem ordnete er die damals bekannten fünf Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn zu. „Dumm“ war nur, dass zu seiner Zeit im vom hellenistischen Denken geprägten Kulturkreis nur 4 (!) Elemente bekannt waren! (Wir erinnern uns, die Pythagoreer verherrlichten die Zahl 4, daher durfte es nicht mehr als vier Elemente geben!)
… und so machten sich die Alchemisten auf die Suche nach dem geheimen fünften Element: der quinta essentia, der Quintessenz!
… die die Chinesen ja eigentlich schon längst gefunden hatten!
Bei dieser Allgegenwart der 5 und des Pentagramms ist es kein Wunder, dass fast alle Kulturen Pentagramme oder auch Hände mit ihren fünf Fingern als Amulette zur Abwehr böser Geister einsetzten (wichtig: beim Pentagramm muss dazu die Spitze unbedingt nach oben weisen!).
Es ist wohl gerade das Sperrige, das Unteilbare, Nicht-Einordenbare, die Verbindung des Männlichen und Weiblichen, das der Zahl 5 ihren Charakter gibt.
Freuen wir uns also, wenn wir die Ge4te auf unsere je eigene Art und Weise zu Ge5ten machen. Und beobachten wir, wie anders jeder Mensch seine Einzigartigkeit einbringt: erst damit entsteht das Glück, das gegen die bösen Geister wirkt!
Literatur:
Endres, Franz Carl; Schimmel, Annemarie (1995): Das Mysterium der Zahl. Zahlensymbolik im Kulturvergleich. Sonderausgabe. München: Diederichs (Diederichs gelbe Reihe Weltkulturen, 52).
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